Projekt der Dorfgemeinschaft Latschach mit dem Ziel den Brauch als immaterielles Kulturerbe der UNESCO zu verankern. Die Marktgemeinde Finkenstein am Faaker See, das Kärntner Bildungswerk und das Slowenische Volkskundeinstitut/Slovenski narodopisni inštitut Urban Jarnik unterstützen das Projekt. Auch der Bürgermeister Christian Poglitsch schaut gerne bei den Georgijägern vorbei, kennt er den Brauch noch bestens aus seiner Kinder- und Jugendzeit.
Im Gebiet rund um den Faaker See, im oberen Rosental, wo deutsche und slowenisch sprechende Kärntner friedlich zusammenleben, hat sich bis heute ein uralter Hirten- und Heischebrauch erhalten. Am Ossiacher Tauern und im Bereich der Gemeinde Velden am Wörthersee ist der Brauch heute noch präsent. Auf der Karte ist die Ausbreitung des Georgijagens nach dem 2. Weltkrieg ersichtlich.
Das Georgijagen oder im slowenischen Dialekt „Šent Jurja jahat“, ist nach vielen Jahrhunderten noch immer fixer Bestandteil im Dorfleben unter dem Mittagskogel.
In den Jahren der Corona Pandemie gab es eine Zwangspause, Umgänge waren leider nicht möglich dafür wurde der Brauch den Kindern im kleinen Rahmen vermittelt. In einigen Dörfern drohte der Brauch dennoch auszusterben. Dagegen wehrte sich die DGL und gemeinsam mit der Volksschule Latschach ist es gelungen das uralte Kulturgut wieder aufblühen zu lassen. Nun ist er wieder in Latschach, Unteraichwald, Oberaichwald Hriber, Oberaichwald Lauskeile, Ratnitz und Pogöriach lebendig. Der Funke ist auch auf andere Dörfer der Gemeinde Finkenstein (Mallestig, Goritschach, St. Stefan, Faak am See, Gödersdorf, Techanting, Susalitsch, St. Job Sigmontitsch, Fürnitz) übergesprungen, wo der Brauch kurzzeitig ruhte.
Nach diesem Erfolg gehen wir noch einen Schritt weiter, denn nun gilt es das Georgijagen als Kulturerbe für die Zukunft zu sichern. Die Chancen stehen jedenfalls nicht schlecht, gibt es sogar 80 Jahre alte Bilder und fundierte Aufzeichnungen von Volkskundlern deutscher und slowenischer Sprache, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. Außerdem wird der Brauch von Generation zu Generation weitergegeben, wie bei der Familie Skarbina aus Latschach, wo der Vater Johann 1955, der Sohn Armin 1980 und der Enkel Christian 2010 mit dabei waren.
Franz Koschier hat den Brauch 1954 in Ledenitzen erlebt, wo sich das Georgijagen am ursprünglichsten erhalten hat. Aus dem Jahr 1975 gibt es einen wissenschaftlichen Film (Dr. Niko Kuret) vom Georgijagen in Unterferlach/Petschnitzen der für Forschung und Unterricht an Universitäten produziert wurde.
Der Kärntner Volkskundler Georg Graber berichtet über den Frühlingsbrauch 1941 in seinem Buch „Volksleben in Kärnten“. Der Latschacher Tonček Urschitz beschreibt in seinen persönlichen Erinnerungen den Brauch, wie er ihn 1943 selbst erlebt hat. Die ältesten schriftlichen Aufzeichnungen (slovenski običaji) gibt es vom slowenischen Ethnologen Matija Majar Ziljski, der das Georgijagen 1841 als Pfarrer in Rosegg und Umgebung kennenlernte. Das Georgijagen/Šentjurja jahat spiegelt die gelebte Zweisprachigkeit unserer Heimat wider, dazu erfüllt es den Zweck, dass einheimische und zugezogene Familien besser zueinander finden.
Der 23. April, Namenstag des Heiligen Georg, gilt in vielen Ländern als der eigentliche Frühlingsbeginn, an dem zahlreiche Abwehr- und Segensbräuche stattfinden. Dazu gehört auch das Georgijagen, das am Vorabend stattfindet, aber mit Jagen im herkömmlichen Sinn nichts zu tun hat. Viel mehr soll durch den lärmenden Umzug der Georgijäger, die letzten Ungeister des Winters verscheucht und dem Frühlingsbringer Georg zum endgültigen Sieg verholfen werden.
Der Brauch hat slawischen-vorchristlichen Ursprung. Aus alten Quellen ist der zeleni Jurij, der grüne Georg nachweisbar. Erst im Laufe der Jahrhunderte sind christliche und deutsche Elemente eingeflossen und haben sich vermischt. Der zeleni Jurij wird noch in der Bela Krajna im heutigen Slowenien verehrt. Der Brauch, der unserem ähnlich war, ist dort schon lange Zeit ausgestorben.
Schon eine Woche vor dem Georgstag versammelt sich die männliche Schuljugend, 7 bis 14 jährige Buben, an einem, meist auf einer Anhöhe liegenden Ort, außerhalb des Dorfes, wo fleißig Holz für das Georgifeuer zusammengetragen wird. In Latschach war das der südlich der Pfarrkirche gelegene, sogenannte Vršič.
Heute dürfen auch Mädchen am Brauch teilnehmen, auch Kinder anderer Glaubensgemeinschaften und konfessionslose Kinder sind mit dabei. Ein großer Holzstoß wird errichtet, der streng bewacht wird, damit ihn die Buben der Nachbardörfer nicht vorher anzünden können. Denn es passiert oft, dass eine unachtsame Gruppe am Georgstag mit Schimpf und Schande ohne Haufen dasteht.
In dieser Zeit wird ein Anführer bestimmt, der als Capo (vom italienischen Chef) bezeichnet wird. Ihm obliegen alle Entscheidungen, Eltern oder Erwachsene haben beim Georgibrauch keinerlei Mitspracherecht. Beteiligt sich ein Mitglied nicht oder zu wenig am Herrichten des Haufens, wird er vom Capo ausgeschlossen. Einzig die örtliche Feuerwehr ist dabei und achtet darauf, dass das Georgifeuer nicht außer Kontrolle gerät.
Bis zum Georgstag wird von den Kindern fleißig das Blasen der Bocks- oder Kuhhörner geübt. Es ist nämlich keine einfache Sache, diesen, über Jahrzehnte weitergegebenen, einfachen Blasinstrumenten, einen Ton zu entlocken.Das Latschacher Capo Horn, das zum Bauernhof Ulbing/Jurč gehört, ist seit 1923 in Verwendung.
Am Vorabend des 23. April ist es soweit, das Georgifeuer wird bei Sonnenuntergang entzündet. Die Georgijäger knien nieder und beten andächtig ein Vater Unser und auf slowenisch ein oče naš. In älterer Zeit mussten die Latschacher Buben zuerst noch in die Kirche eilen und dem Pfarrer ihre Gebete vortragen.
Nach dem gemeinsamen Gebet rücken die Georgijäger unter dem Lärm der Hörner und Kuhglocken zum ersten Haus ab. Hier klopft der Capo mit seinem Horn an die Tür, zeichnet symbolisch ein Kreuz und beginnt mit seinem Segensspruch, der deutsch oder im slowenischen Dialekt erfolgt. Danach erschallen wieder die Hörner und Glocken.
Dieser Spruch ist von Dorf zu Dorf verschieden, beinhaltet aber überall Gesundheit und Glück für die Bewohner, bei Bauern auch Segen für die Tiere, vor allem für die Hühner, damit sie viele Eier legen. Denn die Georgijäger erhalten von den Hausleuten Eier als Gaben, zusätzlich Speck, Würste, Zasaka oder heutzutage häufig ein wenig Geld.
Die Gaben kommen in einen großen Korb, die sogenannte košera, heute führen die Kinder dafür oft einen Leiterwagen mit.
In Oberaichwald lautet der deutsche Spruch:
„Der Heilige Georg klopft an die Tür und bittet um ein Nachtquartier. Er wünscht Unglück hinaus und Glück hinein, das ganze Haus soll gesegnet sein. Er segnet den Herrn, die Frau, die Kinder, die Tiere im Stall und die Hühner, dass sie viel Eier legen und uns auch ein paar geben. Die Ratzen und die Tatzen soll der Teufel zerkratzen. Nun gebt was euer Wille ist.“
Der Spruch im slowenischen Dialekt lautet:
„Sveti Šent Jurji potrka na duri, je prenesu zdravje in zeleno vigred, ima eno hvačenco rumeno, drugi zeleno. Vse ptice pod niebom vesielo pojo, k se svetega Šentjurija vasalo. Buah obvar vašo hišo, vaša gospodarija, vašo gospodinjo, vaše krave, vaše taleta, vaše ta lepe dekleta, vaše kure da velko jajc nanasle. Miši in podhane, naj taifl uzame. Dajte kar je vaša volja.“
Übersetzt bedeutet der Spruch soviel wie: Der Heilige Sankt Georg klopft an die Tür, er hat die Gesundheit und den grünen Frühling gebracht; Er hat ein Hosenbein gelb, das andere grün. Alle Vögel unterm Himmel singen, weil sie sich am heiligen Sankt Georg erfreuen; Gott behüte euren Herrn, eure Frau, eure Kühe, eure Kälber, eure schönen Mädchen; eure Hühner damit sie viele Eier legen; mit den Mäusen und Ratten soll der Teufel gehen; nun gebt was euer Wille ist.
Wenn die Georgijäger abgewiesen werden, was sehr selten vorkommt, wurde früher eine Verwünschung ausgesprochen. Heute gehen die Šenturji weiter, es bringt kein Glück, die Frühlingsbringer nicht zu beschenken, heißt es im Volksmund.
Jede Gruppe hat ihr genau abgestecktes Gebiet, welches sich mit den Grenzen der Ortschaften deckt. Wird dieses überschritten oder treffen zwei Gruppen aufeinander, gibt es eine handfeste Rauferei und die schwächere Gruppe wird unbarmherzig um ihre Gaben gebracht. Daher versuchen die Gabenträger gleich zu flüchten um die Spenden in Sicherheit zu bringen.
Wenn das ganze Revier „abgejagt“ ist, gehen die Kinder zum Haus des Capos, wo mit den Gaben ein kräftiges Mahl bereitet wird, meist ist es eine kräftige Eierspeis, auch cvrtje genannt.
Dann wird noch das Geld aufgeteilt und es ist schon fast Mitternacht, wenn sich die müden Georgijäger auf den Heimweg machen.
Der Brauch lebt noch im Gebiet der Gemeinde Finkenstein sowie von Maria Gail bis nach Bogenfeld und Egg am Faaker See.
In den Dörfern nördlich des Faaker Sees wird von den Georgijägern eine ganz bestimmte Melodie eingeübt, die mit den Hörnern bei jedem Haus vorgetragen wird. Der Spruch ähnelt inhaltlich sehr den slowenischen Sprüchen, die südlich des Faaker Sees aufgesagt werden.
„Der Heilige Georg klopft an die Tür, bringt Gesundheit und den grünen Frühling, der Kuckuck im Buchenwald, das Vöglein im Gebüsch, sie preisen zu Gottes Ehren. Gott beschütze die Familie, den Stall und die Tiere… Ratten und Mäuse seien des Teufels, aber bei euch bleibe das Glück. Fantje.“ (Freundliche Mitteilung von Christopher Winkler und Florian Achamer)
Georgigruppe St. Niklas, 1983
Brauchtumsgruppe Ossiacher Tauern
Auch in einigen Ortschaften entlang der Ossiacher Tauern wird er noch ausgeübt. Hier achtet die Brauchtumsgruppe Ossiacher Tauern auf den Weiterbestand des Georgijagens. In dieser Region pflegen Jugendliche und junge unverheiratete Männer den Brauch. (Freundliche Mitteilung von Martin Lorber)
Die Dorfgemeinschaft Latschach ober dem Faaker See hat es sich zum Ziel gesetzt, die alten Bräuche so gut wie möglich in die heutige Zeit zu retten und an die kommende Generation weiterzugeben. Dazu gehören neben dem Georgijagen auch andere Bräuche im Jahreskreis, wie das Maibaumsteigen, der Latschacher Kirchtag samt Kirchtagsladen der Zech und der Nikolaus- und Krampusbesuch.
Der Georgibrauch erweckt Erinnerungen an eine schöne Zeit, ohne Handy und Computer. Eine außergewöhnliche Zeit, wo die besten Freunde, weil einer anderen Gruppe zugehörig, für eine Woche zu erbitterten Gegnern wurden. Vor allem hatten die Erwachsenen nichts mitzureden.
Heute ist es etwas anders, es gibt Whatsapp Gruppen und ohne Handy geht nichts mehr. Auch die Eltern sind mehr involviert. Aber das Wichtigste ist, dass der Brauch lebt und an die nächste Generation weitergegeben wird.